Allgemeine Situation:
Getrieben durch die sommerlichen Temperaturen gepaart mit der sehr guten Wasserversorgung, wachsen die Reben sprichwörtlich davon. Aber auch das Beerenwachstum war in den letzten Tagen beeindruckend. Innerhalb kurzer Zeit erreichten wir somit das Stadium Schrotkorngröße (BBCH 73), in frühen Lagen sind auch schon erbsengroße Trauben (BBCH 75) zu sehen. Somit rückt auch das Zeitfenster „Kurz vor Traubenschluss“ schnell näher und es sind Überlegungen zur Botrytisbekämpfung anzustellen. Wo noch nicht geschehen sind die Heftarbeiten in der letzten Runde und auch der erste Laubschnitt wurde an manchem Ort schon durchgeführt.
Für die restliche Woche werden weiterhin sommerliche Temperaturen bis zu 30°C vorhergesagt. Optimale Wachstumsbedingungen also.
Leider wurden an neuen Standorten Nymphen der Amerikanischen Rebzikade gefunden, wodurch sich das Befallsgebiet deutlich vergrößert.
Rebschutz:
Im Allgemeinen stehen die Reben im Beratungsgebiet sehr gut da. Zwar lassen sich nun die ersten Ölflecke finden, jedoch nicht in einem beunruhigenden Ausmaß, wodurch die Situation weiterhin entspannt bleibt. Durch den anstehenden Laubschnitt kann auf den Zusatz von Phosphonaten verzichtet werden.
Wer der brütenden Mittagshitze aus dem Weg geht und bereits frühmorgens in den Reben arbeitet wird jedoch unweigerlich nass. Taunasse Laubwände sowie die heißen Sommertage halten den Infektionsdruck für Oidium weiterhin auf 100% in Vitimeteo. Somit sind nun Spritzabstände von 10 Tagen anzustreben.
Mittelempfehlung:
Peronospora
Kurz und bündig:
In der nächsten Behandlung können Kontaktmittel eingesetzt werden, wie z.B. Folpan 80 WDG (1,4 kg/ha), Folpan 500 SC (2,1 l/ha), oder Delan WDG (0,7 kg/ha) mit der alten Zulassungsnummer.
Oidium
Es kommen Mittel wie z.B. Talendo (0,35 l/ha) (Gruppe J), Belanty (1,4 l/ha bei 1,4m Laubwandhöhe bzw. 5 Düsenpaare und 2m Gassenbreite, ansonsten 1,0 l/10.000 m2) (Gruppe G) oder Dynali (0,7 l/ha) (Gruppe R/G) zum Einsatz. Hier finden Sie auch einen Dosierungsrechner für Belanty.
Bitte achten Sie auf einen konsequenten Wirkstoffwechsel! Es dürfen niemals zwei Mittel mit demselben Wirkstoff hintereinander eingesetzt werden. Die Kombination eines Multi-Site-Wirkstoffes (Netzschwefel 3kg/ha) mit einem organischen Oidiumfungizid soll verhindern helfen, dass sich beim organischen Mittel Resistenzen entwickeln. Aktuell fehlen dazu allerdings noch ausreichend wissenschaftliche Beweise. Aus diesem Grund kann von Seiten der Beratung keine allgemeine Empfehlung für diesen Einsatz ausgesprochen werden.
Botrytis
Kompakte Trauben, in Kombination mit abgestorbenen Blüteresten, hohe Temperaturen und Niederschläge sind in der Reifeendphase Garanten für Botrytis- und Essigfäulnis. Wir wissen, der wirkungsvollste Schutz gegen Botrytis- und Essigfäulnis sind lockere Trauben und eine luftige Traubenzone. Viele Anlagen, wurden in den vergangenen Tagen mechanisch entblättert, bzw. „ausgeblasen“. Das ist die wichtigste und effektivste Maßnahme zur Fäulnisvorbeuge. Ob darüber hinaus durch den Einsatz eine Botrytismittels zum Zeitpunkt „Kurz vor Traubenschluss“ eine zusätzliche Wirkungsgradsteigerung erzielt werden soll, muss jeder Betrieb für sich entscheiden.
Vor allem aber in Anlagen mit kompakten Klonen, in denen keine Druckluftentblätterung stattgefunden hat, wird dieses Jahr eine Botrytisbehandlung zum Stadium „Kurz vor Traubenschluss“ empfohlen. Zum Einsatz kommen z.B. Switch (0,48kg /ha), Cantus (0,56 kg/ha) oder Kenja (0,75 l/ha).
Bitte beachten: Sind in der letzten Behandlung Oidiummittel der Gruppe L (Luna, Sercadis, Collis) zum Einsatz gekommen, darf weder Cantus noch Kenja gegen Botrytis appliziert werden. Auch in der Spritzung danach sollten diese nicht eingesetzt werden.
Die Mittelmengen beziehen sich auf eine Traubenzonebehandlung und errechnen sich aus dem Basisaufwand x2. Für eine maximale Wirkung sollte bei dieser Maßnahme jede Gasse gefahren werden. Bei einer Behandlung der gesamten Laubwand errechnet sich die Mittelmenge aus dem Basisaufwand x4.
Die Mittelmenge errechnet sich aus der Basismenge x 3,5
Tierische Schädlinge
Traubenwickler
Der Mottenflug der Traubenwickler bewegt sich auf recht niederem Niveau. Eine Bekämpfung ist derzeit nicht notwendig. In den Pheromongebieten ist es weiterhin ruhig. Wo noch nicht geschehen, sollten nun die Leimböden ausgetauscht werden.
Weinbauliche Maßnahmen
Durch das rasante Wachstum der Beeren ist das Zeitfenster dieses Jahr für Druckluftentblätterung sehr eng und sollten möglichst noch diese Woche durchgeführt werden. Anlagen in direkter Nähe von Wohngebieten sollten tagsüber gefahren werden, um Ärger mit Anwohnern zu vermeiden. Maschinen mit Zupftechnik haben einen längeren Einsatzzeitraum.
Gerade durch eine frühe Entblätterung wird das Botrytisrisiko gesenkt und die Applikationsqualität in der Traubenzone wird verbessert. Achten Sie bei allen Entblätterungsmaßnahmen, besonders bei den Weißweinsorten, auf eine schonende Umsetzung, um dem Sonnenbrand und den Aromaverlusten vorzubeugen. Bei der Handentblätterung hat sich das Entfernen der unteren Blätter bis zur ersten Traube bewährt.
Stiellähme
Für eine bessere Versorgung und um der Stiellähme vorzubeugen, kann nach der Blüte der Zusatz von Epsotop-Bittersalz (12-14 kg/ha) mitappliziert werden.
Amerikanische Rebzikade
Die erste Behandlung gegen die Amerikanischen Rebzikade sollte nun abgeschlossen sein. Mit der nächsten Fungizidbehandlung im Abstand von 10 Tagen sollte auch die zweite Behandlung erfolgen.
WICHTIG
Bei der Überwachung durch das WBI wurden an weiteren Stellen Nymphen der Amerikanischen Rebzikade gefunden. Somit vergrößert sich das Befallsgebiet deutlich.
Die Befallsgebiet-Lücke zwischen Bamlach und Bad Bellingen ist somit geschlossen. Auch in den direkt angrenzenden Rebflächen nördlich von Mauchen gibt es zwei neue Fundstellen und leider sind auch die Rebflächen bei Hertingen betroffen.
Wie wird nun in den neuen Befallsgebieten verfahren?
Studieren Sie die Karte in Ruhe, zoomen Sie per Mausrad hinein und überprüfen Sie, ob Ihre Rebflächen im roten Gebiet liegen.
Sollte dies der Fall sein, behandeln Sie mit den nächsten beiden regulären Spritzungen auch gegen die Rebzikade mit Karate Zeon und/oder Sivanto Prime.
Hier noch ein Hinweis aus dem Verwaltungs-Jungle Deutschland:
Da die „Allgemeinverfügung Rebzikade vom 30.01.25“ als rechtliche Grundlage für die verpflichtende Behandlung dient, ist bis zu ihrer Aktualisierung am Montag/Dienstag die Behandlung in den neu hinzugekommenen Befallsgebieten keine Pflicht. Erst mit der Aktualisierung dieser ist es wieder Pflicht und muss trotzdem durchgeführt werden.
Da dies jedoch ein wichtiger Baustein zur Bekämpfung der Zikade darstellt, sollte dies im Sinne des gesamten Weinbaus trotzdem durchgeführt werden.
Hier noch einmal die wichtigsten Infos zur Bekämpfung zusammengefasst:
- Details zur Allgemeinverfügung finden Sie auf der Homepage des LRA Lörrach. Die von der Allgemeinverfügung betroffenen Flurstücke (Befallsgebiete in rot) sind auf dieser Karte einzusehen. In diese Karte kann man hineinzoomen, wodurch das Befallsgebiet flurstücksscharf abgebildet wird.
- 3-4 Tage vor der Bekämpfung sollten alle Stockausschläge entfernt werden, da die Zikade sich gerne darauf aufhält.
- Zur Bekämpfung der Larven stehen folgende Insektizide zur Verfügung
Karate Zeon (75 ml/ha)
SIVANTO prime (ab BBCH 71: 0,25 l/ha, max. 1x Anwendung)
Piretro Verde (öko. Weinbau) (2,4 l/ha)
- Die Mittel SIVANTO prime und Piretro Verde haben die Einstufung B1 (Bienengefährlich). Daher dürfen sich bei Einsatz dieser Mittel keine blühenden Pflanzen auf der Fläche befinden. Durch vorheriges Mulchen jeder Gasse wird dieser Auflage Rechnung getragen. Aber auch bei Karate Zeon sollte vor der Anwendung gemulcht werden.
- Die Mittel Karate Zeon und Piretro Verde in den Abend- oder Morgenstunden ausbringen. Zu dieser Tageszeit sind die Zikaden weniger aktiv und bleiben somit länger mit dem Mittel in Kontakt. Bei über 25°C verringert sich auch der Wirkungsgrad der Mittel.
- Das Mittel Sivanto Prime sollte erfahrungsgemäß nicht mit den Wirkstoffen Spiroxamin (Spirox, Prosper Tec und Luna Max) und Dithianon (Delan WG, Delan Pro und Aktuan) gemischt werden
- Für eine erfolgreiche Bekämpfung der Zikade sollte jede Gasse gefahren werden.
Hier auch die Übersicht über mögliche Mittelkombinationen und Behandlungsabstände
Nächster Aufruf am Donnerstag, dem 26.06.
gez. Mattmüller