Weinbauinfo Kaiserstuhl Nr. 06-2023

Vegetationsstand und Witterung

Erfreulich sind die bisher im Mai gefallenen Niederschläge:

 

Wetterstation
Niederschläge mm
Eichstetten
67,0
Blankenhornsberg
50,1
Oberrotweil
70,5
Oberbergen
84,6
 

Langanhaltende, ergiebige Landregen, vereinzelt Gewitter haben für eine sehr gute Durchfeuchtung der Böden gesorgt. Insgesamt bremsen die kühlen Temperaturen, besonders die absinkenden Nachttemperaturen im einstelligen Bereich und die bisherigen Tagestemperaturen um die 13-16°C bei teilweise kühlen Nordostwinden die Entwicklung der Reben. In manchen windoffenen Lagen und bei wärmeliebenden Sorten, z.B. Silvaner aber auch Burgundersorten könnte man sagen die Reben frieren. Auch das teilweise hellgrün bis gelblich schimmernde Laub deutet auf Sonnenarmut und gebremste Stoffwechselaktivität der Reben. Mit aktuell 6-7 Haupttriebblätter ist der Zuwachs seit letzter Woche relativ gering. Das aktuelle Entwicklungsstadium BBCH 16- 55 „6 Blätter entfaltet“ bis „Gescheine vergrößern sich“ kann sehr gut beobachtet werden. Teilweise sind die Gescheine doppelt so groß wie letzte Woche. Aber die zögerliche Entwicklung verdeutlicht die Entwicklungsunterschiede in verschiedenen Rebanlagen, innerhalb eines Stockes und die Lagenunterschiede.

Nun gibt es alle Hände voll zu tun in den Reben. Neben dem Ausbrechen der überzähligen Triebe am Kopf, dem Ausbrechen der Doppel- und Kümmertriebe an den Fruchtruten um eine quantitativ, qualitativ günstige Triebzahl für eine luftige Laubwand einzustellen, steht auch das Stämmchen putzen auf dem Arbeitsplan der überwiegend manuellen Stockarbeiten. Bei den Maschinenarbeiten sind das Walzen hoher Begrünungen, das Mulchen und die mechanische Bearbeitung des Unterstockbereichs bzw. das mechanische oder chemische Stämmchenputzen, bei dem sich ankündigenden Hochdruckwettereinfluss, angesagt. Aber gerade das Walzen hoher Begrünungen sollte umgehend erfolgen, denn die nächste Nacht soll nochmal sehr kalt (teilweise nahe an 0°C) werden. Quasi eine verspätetet „kalte Sophie“.

In den meisten Betrieben sind bisher 1-2 Pflanzenschutzbehandlungen durchgeführt worden. Viele planen aktuell ihre nächste Maßnahme, Ende dieser Woche bzw. Anfang nächster Woche.

Die Wettervorhersage meldet ein Hochdruckgebiet „Ulla“, das von Irland über Norddeutschland langsam nach Südwesten zieht und trockene, warme Luft mitbringt. Entsprechend können wir uns auf ein trockenes, verlängertes, sonnig-warmes Wochenende freuen. Es ist davon auszugehen, dass die wärmeren Temperaturen das Rebenwachstum deutlich beschleunigen. Sehr vage sind für nächste Woche vereinzelt Niederschläge, auch Gewitter, vorhergesagt. Aber die Wettervorhersage ist heute noch zu unsicher, da in der Regel maximal 3-4 Tage Vorhersage verlässlich sind. Verfolgen Sie für Ihre weitere Pflanzenschutzplanung die Wettervorhersage.

 

 

Tierische Schädlinge

Traubenwickler

Die Kontrolle des Traubenwickler Fluges hat begonnen. Bisher wurde nur 1 bekreuzter Traubenwickler gefangen. Bitte kontrollieren Sie aufmerksam Ihre Fallen.

Pocken- und Kräuselmilbe

Die Population der Pockenmilbe ist dieses Jahr besonders hoch und deutlich an befallenen Blättern sichtbar. Gerade das zögerliche Wachstum begünstigt die Stärke des Schadbildes. Teilweise wird auch Kräuselmilbenbefall an jüngeren Rebanlagen, mit geringem Raubmilbenbesatz gemeldet. Um Raubmilben anzusiedeln empfiehlt es sich Ausbrechlaub von älteren Anlagen (evtl. vorher Raubmilben mit der Lupe auf den Blättern suchen) in diese Junganlagen einzubringen. Zur Bekämpfung ist Netzschwefel Thiovit Jet 3,6 Kg/ha zugelassen.

 

Pilzkrankheiten

Peronospora und Oidium 

Die ergiebigen Niederschläge, teilweise Gewitter und stärkere Niederschlagsphasen seit 05.05. haben in allen Gemarkungen am Kaiserstuhl ausgereicht um Bodeninfektionen der Peronospora auszulösen. Die erste Inkubationszeit war am vergangenen Wochenende bzw. Anfang dieser Woche abgelaufen. Weitere Inkubationszeiten laufen in den nächsten Tagen aus. Bitte melden Sie vorhandene Ölflecke umgehend bei Ihrem zuständigen Rebschutzwart oder direkt bei der Weinbauberatung.

Das Infektionsrisiko durch Oidium steigt momentan deutlich an. Gerade in letztjährigen Befallsanlagen und Rebanlagen, die beim Rebschnitt auffallend mit Oidiumfiguren (befallenen Ruten mit schwarz-violetten Flecken) gezeichnet waren sind aktuell stärker gefährdet. In diesen Anlagen wurde schon im letzten Jahr eine Oidium-Sanierung empfohlen, die dieses Jahr weitergeführt werden sollte.

Rebschutzempfehlung

Zur Behandlung von Peronospora sollte bei einem Zuwachs von 2 Blättern (integriert ohne Phosphonat) mit maximal 10 Tagen Abstand zur letzten Behandlung ein Kontaktfungizid wie z.B. Delan 0,3 Kg/ha oder Folpan 0,6 Kg/ha zum Einsatz kommen.

Bei letztmaliger Behandlung mit Kontakt- bzw. tiefenwirksamen Perofungizid + Phosphonat sollte nach spätestens 3 Blätter Zuwachs bzw. ca. 12 Tage, vor den nächsten stärkeren Niederschlägen ebenfalls mit Kontaktfungizid durchgeführt werden. Zum besseren Schutz des zu erwartenden stärkeren Neuzuwachses wird der Zusatz eines phosphonathaltigen Produktes wie z.B. Veriphos oder Foshield oder Phosphik oder Rhombiphos Extra 1,5-2,0 L/ha oder Frutogard 2,0 L/ha empfohlen. Alternativ hierzu Delan Pro 1,8 L/ha als Kombinationspräparat mit Delan und Phosphonat.

Wer nach stärkeren Niederschlägen, Gewittern, nach stärkerem Zuwachs von 2-4 Blättern, also nach möglicher Peronosporainfektion seine Pflanzenschutzmaßnahme durchführt, sollte aus Gründen der Wirkungssicherheit auf ein tiefenwirksames Peronosporafungizid wie z.B.

Fanitc F 0,9 Kg/ha oder Melody Combi 0,825 Kg/ha oder Orvego 0,5 L/ha oder Ampexio 0,24 kg/ha zurückgreifen.

Zur vorbeugenden Behandlung gegen Oidium geben wir der Spritzbrühe Netzschwefel, je nach Produkt und Zulassung 3,6 – 6,0 Kg/ha zu. In bekannten Oidium Befallsanlagen, empfindlichen Lagen und Sorten (Müller-Thurgau, Chardonnay, Cabernet Dorsa) empfehlen wir ab der nächsten Spritzung den Einsatz eines organischen ‚Mehltaufungizides wie z.B. Vivando 0,12 L/ha oder Dynali 0,3 L/ha oder Talendo/Extra 0,15 L/ha.

Allgemeine Hinweise:

§  Der Wasseraufwand beträgt 400L/ha im Spritzverfahren bzw. 200-250 L/ha im Sprühverfahren. 

§  Die angegebenen Mittelmengen bezogen auf den aktuellen Entwicklungszustand der Reben ist Basis x 1,5. 

§  Für alle Pflanzenschutzmittelangaben gilt: ohne Gewähr!

§  Bitte benutzen Sie antidriftmindernde Applikationstechnik (Injektordüsen) und achten sie auf eine zielgenaue Einstellung der Spritze. In Schutzgebieten zwingend vorgeschrieben (IPS +)

§  Beim Sprühen sollte eine reduzierte Gebläsedrehzahl gewählt und Abdrift verhindert werden. 

§  Bitte beachten Sie die Auflagen und Anwendungsvorschriften in dem Beipackzettel der eingesetzten Pflanzenschutzmittel. Insbesondere die Vorschriften zum Gesundheits- und Anwenderschutz. 

§  Wenden Sie nur entsprechend der Indikation zugelassene Pflanzenschutzmittel an.

 

Kulturarbeiten

Das Ausbrechen der Bodentriebe auch als protektive Maßnahme gegen Peronospora (Leitereffekt Bodeninfektionen) steht aktuell auf dem Arbeitsplan. Neben den mechanischen Möglichkeiten von Hand und mittels Stammputzer, können die Bodentriebe chemisch, mittels Shark oder Quickdown (herbizide Abbrenner) abgespritzt werden. Bitte beachten Sie die Sortenvorgaben bei Shark: Silvaner, Chardonnay, Schwarzriesling und allen Burgundersorten. Bei Quickdown plus Toil die Sorten Riesling und Dornfelder. Bitte achten sie bei der Anwendung auf abdriftmindernde Arbeitsweise, Einsatz von Spritzschim und Injektordüsen. Die momentane Trieblänge von ca. 10 cm ist der optimale Einsatztermin für das chemische Ausbrechen.

Auch die Ausbrecharbeiten am Kopf, Einstellen der Triebanzahl und Förderung des Fruchtholzes für den nächstjährigen Anschnitt, sowie das Entfernen von Doppel- und Kümmertrieben an den Bogreben, bzw. das Einstellen einer optimalen Triebzahl für eine luftige Laubwand bestimmen die manuellen Stockarbeiten.

 

Strategie Bodenpflege

Das Walzen hoher Begrünungseinsaaten, Wintereinsaaten auf Biegdrahthöhe, um die Applikationsqualität beim Pflanzenschutz zu gewährleisten ist in vielen Rebanlagen notwendig. Auch der erste Mulchgang, wenn möglich in jeder zweiten Reihe, ist eine gute Möglichkeit um aktuell blühender Bewuchs für die Insekten als Nahrungsgrundlage zu erhalten. Nutzen sie nach Abtrocknen des Bodens die gute Wetterphase für die mechanischen Unterstockarbeiten.

 

Chlorose

Witterungsbedingt ist die Neigung zur verstärkter Chlorose möglich. In bekannten Befallslagen oder schon sichtbarere Gelbsucht kann der Einsatz eines Blattdüngers auf Basis von Eisenchelat- bzw. Eisencitrat-Formulierungen, Sinn machen um frühzeitig, vorbeugend vor der Blüte zu agieren und Ertragseinbußen während der Blüte zu verhindern. Der Zusatz von z.B. Aminosol 1L/ha oder Aminofert N zur Spritzbrühe verbessert die Wirkung.

 

Gez. Tobias Burtsche

 

Weinbauberatung Kaiserstuhl

 

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