Weinbauinfo Nr. 17-2022 vom 21.07.2022
Agenda: Abschlussspritzung
Vegetationsstand und Witterung
Erfreuliche Niederschlagsmengen zwischen 20-30 mm brachte ein Gewitter gestern Abend an den Kaiserstuhl. Eine besondere Erfrischung
für die unter Trockenstress leidenden Reben und gleichzeitig ein Anschub für die weitere Vegetation.
Verfärbende Beeren beim Spätburgunder und Grauburgunder und gelbfärbende, weichwerdende Beeren beim Müller-Thurgau
verdeutlichen den Entwicklungsstand „Reifebeginn BBCH 81“. Folgendes Zitat aus dem Weinbauinfo-Nr. 19-2020 vom 17.07.2020:
Erste färbende Grau- und Spätburgunder und erste glasige Beeren beim Müller-
Thurgau verdeutlichen die frühe Vegetation 2020. Bei bestem Gesundheitszustand können
wir nächste Woche (20.-25. Juli) den diesjährigen Pflanzenschutz mit der
Abschlussspritzung erfolgreich beenden.
Dies zeigt, dass wir zeitlich mit der Entwicklung des Jahrgangs 2020 gleichauf sind. Ein Erntebeginn zur Monatswende August/September in
frühen Lagen, frühen Sorten und für Sektgrundwein wird zunehmend wahrscheinlicher.
Bei aktuell sehr guten Gesundheitszustand wird die Abschlussspritzung im Verlauf dieser Woche bzw. Anfang nächster Woche
durchgeführt.
Die Wettervorhersage meldet weiterhin sommerlich warm bis heiß. Mögliche Gewitter sind regional begrenzt für den Samstag
vorhergesagt.
Tierische Schädlinge
Traubenwickler
Der Flug des Traubenwicklers ist zu Ende. Bitte kontrollieren sie weiterhin ihre Kontrollfallen. In frühen Vegetationen ist eine 3.
Generation des Traubenwicklers (Süßwurm) nicht ausgeschlossen.
Winden-Glasflügelzikade
Die Winden Glasflügelzikade überträgt Phytoplasmen (zellwandlose Bakterien) von Brennnessel oder Winden, beim Anstechen
der Blätter, auf die Rebe. Diese Phytoplasmen sind die Auslöser der Schwarzholzkrankheit. Die äußeren Anzeichen sind
Rotverfärbungen und leichtes Einrollen der Blätter bei den roten Sorten und Gelbverfärbung und Einrollen der Blätter
bei den weißen Rebsorten. Um die Übertragung zu verhindern sollten Brennnesseln bis auf weiteres in den Rebanlagen nicht gemulcht
oder an Böschungen abgemäht werden, um der Winden-Glasflügelzikade ihr natürliches Habitat zu belassen. Damit wird das
Risiko des Überfliegens auf die Rebe reduziert.
Pilzkrankheiten
Peronospora und Oidium
Ölflecken sind 2022 die absolute Ausnahme. Auch die Niederschläge von gestern Abend werden Peronospora nur noch wenig
aktivieren.
Angespannter ist die Situation hinsichtlich Oidium. Vereinzelt wird Traubenbefall gemeldet. Aber insgesamt kommen bei mir weniger
Befallsmeldungen als 2021 an. Witterungsbedingt hat Oidium nach wie vor sehr gute Infektionsbedingungen. Jedoch sind die Trauben in der
aktuellen Entwicklungsphase „Reifebeginn“, mit Ausnahme der Nachzüglertrauben, nicht mehr anfällig. Immer noch
anfällig sind aber die Blätter und Triebe. Möglicher Befall ist kein wirtschaftlicher Schaden aber fördert die
Entwicklung überwinternder Sporen.
Rebschutzempfehlung
Zur Abschlussbehandlung empfehlen wir gegen Peronospora den Einsatz eines Kupferpräparates wie z.B. Funguran progress 2,0 Kg/ha
oder Cuprozin progress 1,6 L/ha oder Cuprantol Duo 2,5 L/ha oder Airone SC 2,6 L/ha.
Alternativ kann auch z.B. Folpan 80 WDG 1,6 Kg/ha betreffend SF Auflagen zum Einsatz kommen.
Zur Behandlung gegen Oidium empfehlen wir in bekannten Befallslagen unter Berücksichtigung des Wirkstoffwechsel
(Resistenzmanagement) nochmals den Einsatz eines potenten organischen Oidiumfungizides wie z.B. Dynali 0,8L/ha oder Talendo 0,375L/ha oder
Kusabi 0,3L/ha.
In Befallsfreien Anlagen z.B. Topas 0,32 L/ha oder Sarumo 0,75 L/ha. Alternativ dazu Vitisan 6 KG/ha + Netzmittel z.B. Pro Agro,
Zentero, Wetcit Neo, oder Kumar 5 Kg/ha (Netzmittel ist nicht notwendig).
Bitte beachten Sie, dass beim Einsatz von Bikarbonaten (Kumar bzw. Vitisan) bei hoher Sonneneinstrahlung und Temperaturen > 25°C
zu Verätzungen an den Blättern und Trauben kommen kann. Bei Rebanlagen mit Trockenstress ist der mögliche Einsatz von
Bikarbonaten nicht zu empfehlen.
Um Verbrennungen zu vermeiden empfehlen wir die Konzentration von max. 1%ig!!!
Gegen Botrytis kann der Zusatz eines Botrytizides bei besonders kompakten Rebsorten überlegt werden. Zum Einsatz kommen z.B. Switch
0,96 Kg/ha oder Cantus 1,2 Kg/ha oder Prolectus 1,2 Kg/ha oder Kenja 1,5 L/ha oder Kumar 5 Kg/ha. Bei ausschließlicher
Traubenzonenbehandlung können die Aufwandmengen halbiert werden.
Der Wasseraufwand beträgt 1200-1400 L/ha im Spritzverfahren bzw. 450-700 L/ha im Sprühverfahren. Die angegebene
Mittelkonzentration entspricht Basis x 4,0.
Bitte beachten sie die im Beipackzettel der PSM gemachten Angaben zum Mitteleinsatz und dem Anwenderschutz der eingesetzten PSM.
Verwenden Sie ausschließlich zugelassene PSM. Vergessen sie nicht die Dokumentation der Pflanzenschutztermine (Mitteleinsatz,
Konzentration, Anwender…)! Bitte beachten Sie die Auflagen zum Anwenderschutz und betreffend weinbaulichen Nacharbeiten!
Spritzenreinigung nur auf nicht befestigten Flächen (z.B. Rebfläche), bei denen kein Eintrag von Spritzbrühe in die
Kanalisation, möglich ist. Restbrühe 1:10 mit Wasser verdünnen und in der Rebfläche versprühen!
Oidium Stoppspritzung
Bei Mehltaubefall empfehlen wir die folgende Stopp-Behandlung umgehend durchzuführen:
Zum Einsatz kommen „Kaliumhydrogenkarbonat“ wie z.B. Kumar oder Vitisan:
1. Empfehlung Traubenwäsche:
Z.B. Kumar 5 Kg/ha in ca. 600-800 L Wasser/ha oder alternativ Vitisan 6 Kg/ha und Netzmittel z.B. Pro Agro 30 ml/100L Brühe.
Mit großen Düsen die Traubenzone tropfnass spritzen. Jede Gasse fahren.
2. Empfehlung volle Laubwand:
Z.B. Kumar 5 Kg/ha in ca. 800 L Wasser/ha oder alternativ Vitisan 8-10 Kg/ha und Netzmittel Pro Agro 30 ml/100L Brühe.
Jede Gasse fahren und tropfnass spritzen!!!
Die Stopp-Behandlung sollte innerhalb 5-7 Tagen wiederholt werden!!!
Bitte beachten Sie bei der Anwendung, dass bei Temperaturen über 25°C und starker Sonneneinstrahlung Blattverätzungen
entstehen können!
Kulturmaßnahmen, Teilentblätterung der Traubenzone (Wiederholung)
Mit dem aktuellen Entwicklungsstadium Ende Traubenschluss, kurz vor Beginnender Reife, haben wir ein sehr empfindliches Beerenstadium
hinsichtlich der Sonnenbrandgefahr erreicht. Gerade die in der Wettervorhersage angekündigten ansteigenden
Tageshöchsttemperaturen können Sonnenbrandschäden an den Beeren aber auch an den Stielgerüsten verursachen.
Entsprechende Vorsicht ist bei aktuellen Entblätterungsarbeiten geboten. Moderat und ausschließlich auf der Schattenseite und
bitte Belassen sie ein schützendes Dach über den Trauben!!
Bei der Bodenpflege sollte bis zur Lese möglichst nur noch gemulcht oder gewalzt werden. Bodenbearbeitungen zum jetzigen Zeitpunkt
können zur starker Förderung der N-Mineralisation führen. Damit erhöht sich das spätere Fäulnisrisko (Essig-
und Botrytis).
Noch nicht eingesäte, offenen Gassen sollten nach der Lese z.B. mit einer Winterbegrünung (klassisch Roggen/Wicke etc.)
eingesät werden!
Tobias Burtsche
Weinbauberatung Kaiserstuhl
Termine Rebbegehungen:
21.07.2022 18:00 Uhr Bischoffingen, Maigrundhütte