Allgemeiner Entwicklungsstand
Inzwischen ist im Oberrheingraben die allgemeine Hauptlese im Gange und im Bodenseeraum laufen die Vorlesen, teilweise erste Hautlesen. Ein nicht einfaches Jahr findet seinen Abschluss und es gab Ausfälle durch die Witterung bis kurz vor die Ernte, was für die betroffenen Betriebe bitter ist. Der zurückliegende August war mit über 3,0° C Abweichung weit zu warm mit überall durchschnittlichen Niederschlägen. Der bisherige September zeigt sich nach anfänglicher Feuchtigkeit zurzeit mit sehr freundlichem Herbstwetter. Bis zum Sonntag soll uns das schöne Spätsommerwetter erhalten bleiben, die kommende Woche zeichnet sich nach den Vorhersagen als unbeständig ab, mit stärkeren Niederschlägen besonders zur zweiten Wochenhälfte. Der Gesundheitszustand ist gut, es gibt keine Meldungen von grösseren Kalamitäten. Der gefürchtete Essigbefall ist bisher gering und nur in ungepflegten Anlagen vermehrt sichtbar. Der Verlauf der Reife spiegelt sich nicht unbedingt in den Mostgewichten wieder, die physiologische Reife ist fortgeschrittener und in den guten Lagen, in gut geführten Anlagen ist ein Zugewinn nur für höhere Spezialitäten zu erwarten. Der Einstieg in die Lese verlief daher eher zögerlich, was in einigen Betrieben auch im Zusammenhang mit neuen Erfassungskorridoren gesehen werden muss und der Reife sicher gutgetan hat. Es zeichnet sich ein Qualitätsjahrgang ab mit bisher nicht überhöhten Mostgewichten, also jenes Niveau, was in den Alkoholstarken Jahrgängen immer gewünscht war. Und etwas nach oben arbeiten im Keller ist einfacher wie rückwärts nach unten. Die vorliegenden Messungen lassen den Jahrgang vergleichbar im Rahmen von 2019 oder 2021 einordnen. Wie in allen neueren Jahren gewohnt: die Lese läuft in grünen, aktiven Laubwänden, wenn auch oft gezeichnet von dem starken Peronosporajahr.
Pflanzenschutz sichert die Gesundheit von Pflanze und Erntegut. Selbst wenn auf breiter Ebene ein anderer Eindruck vermittelt wird: die Natur liefert die Tatsachen. Dies ist in 2024 in vielen Anlagen wieder sichtbar und Strategien mit hohem Ertragsrisiko sind keine langfristige ökonomische Basis.
Zu den tierischen Schädlingen
Die Aussagen zur KEF und HEF beruhen auf den Ergebnissen https://monitoring.vitimeteo.de/ und auf den Befunden des Labors der Tuniberger Winzer in Opfingen. In vielen Anlagen ist verbreitet Ameisenfrass zu finden, welcher einen leichten Essigbefall nach sich zieht. Aus dem Bodenseeraum gibt es vereinzelt Meldungen zu verstärktem Auftreten von Wespen und damit auch von Bienen, welche geöffnete Beeren brauchen. Die Lage bei der KEF und HEF entwickelt sich viel entspannter als durch die feuchte Witterung erwartet. Gefährdete Anlagen und Sorten wurden in der Regel behandelt und sind unauffällig, im Bodenseeraum durch seine Struktur intensiver wie im westlichen Teil des Beratungsgebietes. Der Erfolg von Behandlungen lässt sich in den Untersuchungen gut nachvollziehen. In der grossen Fläche ist in den Bonituren kaum Befall festzustellen und eine junge, neue Generation der KEF zeichnet sich aktuell durch Eiablagen in den Bonituren nicht ab. Es sind auch kaum Fliegen zu sehen, auch nicht der HEF an Schadstellen, abgesehen von wenigen ungepflegten Anlagen, in denen etwas Leben zu finden ist. Die zurückliegenden sehr kühlen Nächte scheinen eine Unterbrechung und / oder Verzögerung gebracht zu haben. Daher werden die kommenden 10 – 14 Tage relativ ruhig verlaufen und bis dahin sind grosse Teile der Lese eingebracht. Das Jahr ordnet sich daher wider Erwarten in die vorausgegangenen Jahre ein. Sollten im Einzelfall noch Behandlungen erfolgen, sind die geltenden Bestimmungen zu beachten.
Hinweise zum Bienenschutz:
Nach der Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992 (BGBl. I. S.1410) dürfen Pflanzenschutzmittel mit der Einstufung B1 (Bienengefährlich) weder an blühenden Pflanzen (bspw. blühender Unterwuchs oder in der Nachbarschaft befindliche Blütenpflanzen) noch an von Bienen beflogenen nicht blühenden Pflanzen angewandt werden. Daher sind vor einem Einsatz von B1-Mitteln die blühenden Pflanzen zu mulchen. Honigtau und beschädigte Beeren in den Weinbergen sind generell als Warnsignal zu werten. Die Ausbringung von B1-Mitteln sollte deshalb in diesen Fällen unterbleiben. Bei erforderlicher Behandlung steht das bewährte Kombinationsverfahren im Vordergrund, da hier keine Rückstände entstehen und das Verfahren als nicht Bienen gefährlich bewertet ist.
Weiter bitten wir zu beachten, dass in den wenigen Fällen, wo Bienenstände näher als 60 Meter zu Anlagen stehen, die mit B1-Mittel behandelt werden sollen, Rücksprache mit dem Imker zu erfolgen hat: Bienengefährliche Pflanzenschutzmittel dürfen innerhalb eines Umkreises von 60 m um einen Bienenstand entweder während des täglichen Bienenfluges nur mit Zustimmung des Imkers oder außerhalb der täglichen Flugzeit eingesetzt werden. Sinnvoll ist es auch, die ortsansässigen Imker zu informieren.
Zum Reifeverlauf
Die angegebenen Mostgewichte und weitere Werte basieren auf Messungen vom 18.09.2024 aus überwiegend mittleren und guten Lagen des Tuniberges und Glottertales sowie ersten Angaben aus der Lese. Die analytischen Werte ermittelte das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg durch Grape Scan. Angaben vom Bodenseeraum stammen von ersten Messungen oder Lesen einzelner Betriebe. Insgesamt liegt der Bodenseeraum über alle Sorten gleich auf wie die westlichen Gebiete, was bisher nie der Fall war, sondern immer mit einigen Tagen Verzögerung. Auf eine gesonderte Nennung wird daher verzichtet. Analog den Werten des Staatlichen Weinbauinstitutes Freiburg zeigen die eigenen Erhebungen einen reifen und mittelfrühen Jahrgang. Die Säurewerte liegen leicht höher wie 2019 oder 20201 Die pH – Werte liegen meist über pH 3,0, Sortengruppen wie Riesling aber noch darunter. Die Traubenkerne sind tiefbraun und die Mostfarben gelb bis hoch gelb, abgesehen von Sauvignon blanc, der immer eine grüne Farbe hat und Müller - Thurgau, welcher hier noch den Burgundersorten nachsteht. 2024 zeigt das Kuriosum, dass trotz bester Reifebedingungen im August keine überhohen Mostwerte sich einstellten. Der langsamere Verlauf der Reife zeigte sich optisch im langsamen Farbumschlag des Spätburgunders. Im September verlief die Zunahme ebenfalls verhalten. So liegen die Mostgewichte aktuell im Qualitätswein – und Kabinettbereich.
Müller – Thurgau und Regent:
Regent, im westlichen Gebiet gelesen, liegt im Bodenseeraum Anfang bis Mitte 80° bei gutem Gesundheitszustand und bei frühzeitiger Behandlung ohne nennenswerten KEF - Befall. Müller – Thurgau weist je nach Lage und Ertrag eine hohe Streuung auf. Dieser liegt bei Ende 60° bis Mitte 80° Oe, Schwerpunkt in den Siebzigern, bei meist gutem bis sehr gutem Gesundheitszustand und meist zuverlässigen Erträgen, wie Saftlesen und erste reguläre Lesen zeigen. Im Bodenseeraum schon jetzt hier eine der Gewinnersorten. Dabei Säurewerte, die zwischen Mitte 6ºº und 7ºº Säure stehen. Hier gibt es die ersten Anlagen, die sichtbare Botrytis haben und ersten Essig, es besteht oft ein direkter Zusammenhang zu den Pflegemassnahmen oder es sind tiefgründige Standorte.
Burgundergruppe:
Gepflegte und gut geführte Anlagen haben die 90° Oe erreicht, aus ersten Lesen wird die Spanne von Ende 70° Oe bis 90° Oe angegeben. Die Säurewerte liegen bei 8 bis 9ºº Säure, in späteren Lagen auch über 10ºº Säure. Grauburgunder hat das durchschnittlich höchste und einheitlichste Reifeniveau und wird bevorzugt auch schon gelesen. Die grösste Streuung bei den Reifeunterschieden ist bei Spätburgunder zu finden. Gepflegte Anlagen stehen sehr schön mit vielversprechender Ausfärbung. In Anlagen mit höheren Erträgen oder späteren Lagen wird der Unterschied deutlich bei den Mostfarben. Insgesamt steht die Burgundergruppe sehr schön, in kompakten Trauben ist erster beginnender Essigbefall durch Abdrücken zu finden.
Sonstige Sorten:
Die weiteren Sorten wie Muskateller oder Gewürztraminer sind sehr verschieden im gesundheitlichen Zustand. Muskateller zeigt oft beginnende Botrytis durch Abdrücken, teilweise auch ersten Essigbefall. Gut sind die Mostgewichte, welche Anfang 80º Oe erreicht haben. Dagegen steht Gewürztraminer gut. Gut ist in 2024 die Aromen
ausbildung. Sauvignon blanc in guten Lagen ist reif bei um die Mitte 80º Oe und zeigt beginnende Reifebotrytis. Riesling ist in früher wie späterer Lage erstaunlich reif. Die Mostgewichte liegen schon bis über 80º Oe, erste Reifebotrytis ist zu sehen. Die Säurewerte liegen noch bei 10ºº Säure, in späterer Lage leicht darüber. Die Voraussetzungen für eine weitere sehr gute Entwicklung, sofern gewollt, liegen auch hier vor.
Weinbauliche Hinweise
Bei guten Wetterbedingungen kann nach der Lese im Oktober eine Roggen – Wickeneinsaat durchgeführt werden. Auch andere Einsaaten auf Kleebasis sind möglich. Damit kann eine Bodenbedeckung bis Mitte November sichergestellt werden, um nicht in Konflikt mit den GLÖZ 6 – Vorgaben zu kommen. Ebenso kann nach der Lese bei mechanischer Unterstockpflege mit Scheibe / Rollhacke der Unterstockbereich bearbeitet werden, damit ein angepasst sauberer Streifen über den Winter vorliegt und im Frühjahr gute Startbedingungen herrschen.
Sonstige Hinweise
Seit dem Jahr 2021 müssen in Stichproben beantragte Anlagen bei der Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen kontrolliert werden. Sehr gerne werden Anlagen mit den noch vorhandenen Saisonarbeitskräften gerodet. Für die Kontrolle sollten die Stöcke und Ruten mit Laub noch vorhanden sein, alles andere kann abgeräumt werden.
Dies war das letzte Weinbauinfo, ausser es gibt wirklich besondere Umstände. Nach der Lese erfolgt ein Info zu Fragen der Winterarbeit. Allen eine schöne Lese und eine glückliche Hand für die notwendigen Entscheidungen.