Allgemeiner Entwicklungsstand
Bis Mitte August war noch alles eitel Sonnenschein. Eine entspannte Pflanzenschutzsaison war abgeschlossen und top gesund stehende Reben prägten in ganz Südbaden das Bild. Die hohen Niederschläge zu Ende Juli / Anfang August hatten kaum Spuren hinterlassen und sorgten für eine zügige Entwicklung. Über Mitte August war bei sehr hohen Temperaturen eine sehr schnelle Reifeentwicklung zu sehen. Seither hat sich das Bild gewandelt. Übermässige Niederschläge um den 21. August, regional mit einer zweiten Welle acht Tage später, setzen den Beständen zu. Lokal gab es unglaubliche Rekordwerte von über 150 mm Niederschlag, so im Raum Reichenau / Höri am westlichen Bodensee. Und zu Monatsanfang September gab es einzelne Zellen mit weiteren 40 – 50 mm, bei den bayrischen Kollegen am Bodensee sogar mit Hagel, ein sehr schlechter Herbstbeginn. Für den Bodenseeraum sind solche hohen Niederschläge in die spätere Reife in den letzten Jahren nichts Neues, 2025 treten diese nun grossflächig über ganz Südbaden auf. Die Niederschläge sind im gesamten Beratungsgebiet im Monat August hierdurch fast doppelt so hoch wie im langjährigen Schnitt. Die Konsequenzen sind bekannt. Sie führten dazu, dass auf der Insel Reichenau am 30. August der früheste Herbstbeginn der neueren Zeit zu verzeichnen ist, generell war überall Lese in der ersten Septemberwoche. Sorten wie Müller – Thurgau oder Kerner reagieren sehr empfindlich und führen zu einer stark beschleunigten Abreife. Auch am Tuniberg wurde die stark überreife Sorte Müller – Thurgau gelesen, bevor diese in hohen Essigbefall abdriftete. Es ist nicht kalt, der August liegt fast 2° C über dem Zeitraum 1961 – 1990, die Nächte sind nur selten kühl, die Laubwände grün, die Böden warm und feucht, alle biologischen Prozesse haben gute Vorrausetzungen und die Beeren wurden dicker. Welch ein Glück, dass heutzutage genügend Lesemaschinen zur Verfügung stehen, um eine solch schnelle Lese zu ermöglichen. Nicht überall stehen soviel Arbeitskräfte wie am Bodensee zur Verfügung, oft waren diese noch gar nicht eingetroffen. Die Lese wird nahtlos weitergeführt, denn die Bestände sind reif. Dabei sind die Mostgewichte nichts Ungewöhnliches, die Jahre 2018, 2020 und 2022 lagen zum selben Termin auf vergleichbarer Höhe, ungewöhnlich ist lediglich die hohe Feuchtigkeit, welche der Lese nun ein ganz anderes Gesicht gibt.
Zu den tierischen Schädlingen
Die Aussagen zur KEF und HEF beruhen auf den Ergebnissen https://monitoring.vitimeteo.de/ und auf den Befunden des Labors der Tuniberger Winzer in Opfingen. In vielen Anlagen ist leichter Ameisenfrass zu finden, welcher latenten Essigbefall nach sich zieht. Wespen sind ebenfalls zu beobachten und damit auch von Bienen, welche geöffnete Beeren brauchen. Die Lage bei der KEF und HEF war bis Monatsende August unauffällig. Mit Monatsanfang September konnten die ersten Ablagen auf Burgunder festgestellt werden. Seit letzter Woche sind zunehmend Fruchtfliegen in den Beständen zu finden, besonders in Anlagen, welche einen leicht erhöhten Befall von Essig aufweisen, die feuchte Witterung unterstützt die Entwicklung. Gefährdete Anlagen und Sorten wurden nur teilweise behandelt, einzelne Anlagen sind auffällig. Im Bodenseeraum durch seine Struktur wurde wie in den vergangenen Jahren intensiver behandelt wie im westlichen Teil des Beratungsgebietes. Der Erfolg von Behandlungen lässt sich in den Untersuchungen gut nachvollziehen. Die schnelle Lese wird den Behandlungsspielraum einengen, sofern Behandlungen geplant sind, wird um Rücksprache mit der Beratung gebeten. Das Kombinationsverfahren bietet keine Gefahr von Rückständen, ist aber an die Wartezeiten der verwendeten Insektizide gebunden. Das Jahr zeigt wieder einmal überdeutlich, dass die langen Wartezeiten im Vergleich zu den umliegenden Weinbautreibenden Ländern für die Produktion ein erheblicher Nachteil sind, nicht alles kann in den heutigen grossen Betrieben nur in kurzer Zeit gelesen werden und 10 bis 14 Tage reichen für den Verfall der Trauben, bei welchem Fruchtfliegen nicht unwesentlichen Vorschub leisten können.
Hinweise zum Bienenschutz:
Nach der Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992 (BGBl. I. S.1410) dürfen Pflanzenschutzmittel mit der Einstufung B1 (Bienengefährlich) weder an blühenden Pflanzen (bspw. blühender Unterwuchs oder in der Nachbarschaft befindliche Blütenpflanzen) noch an von Bienen beflogenen nicht blühenden Pflanzen angewandt werden. Daher sind vor einem Einsatz von B1-Mitteln die blühenden Pflanzen zu mulchen. Honigtau und beschädigte Beeren in den Weinbergen sind generell als Warnsignal zu werten. Die Ausbringung von B1-Mitteln sollte deshalb in diesen Fällen unterbleiben. Bei erforderlicher Behandlung steht das bewährte Kombinationsverfahren im Vordergrund, da hier keine Rückstände entstehen und das Verfahren als nicht Bienen gefährlich bewertet ist.
Weiter bitten wir zu beachten, dass in den wenigen Fällen, wo Bienenstände näher als 60 Meter zu Anlagen stehen, die mit B1-Mittel behandelt werden sollen, Rücksprache mit dem Imker zu erfolgen hat: Bienengefährliche Pflanzenschutzmittel dürfen innerhalb eines Umkreises von 60 m um einen Bienenstand entweder während des täglichen Bienenfluges nur mit Zustimmung des Imkers oder außerhalb der täglichen Flugzeit eingesetzt werden. Sinnvoll ist es auch, die ortsansässigen Imker zu informieren.
Zum Reifeverlauf
Die angegebenen Mostgewichte und weitere Werte basieren auf Messungen vom 04.09.2025 aus überwiegend mittleren und guten Lagen des Tuniberges und Glottertales sowie ersten Angaben aus der Lese. Die analytischen Werte ermittelte das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg durch Grape Scan. Angaben vom Bodenseeraum stammen von ersten Messungen oder Lesen der Betriebe. Auf eine gesonderte Nennung wird daher verzichtet. Analog den Werten des Staatlichen Weinbauinstitutes Freiburg zeigen die eigenen Erhebungen einen reifen und frühen Jahrgang. Die Proben liessen sich ausnahmslos sehr gut pressen. Die Säurewerte liegen noch erfreulich gut. Dementsprechend sind die pH – Werte in einem sehr guten Bereich um pH 3,0. Die Traubenkerne sind tiefbraun und die Mostfarben gelb bis hoch gelb, abgesehen von Sauvignon blanc, der immer eine grüne Farbe hat. Eine etwas höhere Streuung weissen die Mostfarben des Spätburgunders auf, die Kerne in den Proben waren aber braun. Die Mostfarben zeigen in dem Bild einen über alle Sorten und Lagen reifen Jahrgang.
Die Mostfarben des Jahrganges 2025. Nr. 11 bis 17 und 20: Grauburgunder, Weissburgunder, Chardonnay, Muskateller und Riesling. Die Mengen für die Analyse sind abgenommen.
Müller – Thurgau und Regent:
Die Frühsorten sind im westlichen Beratungsgebiet gelesen, keine Anlage war mehr in der Probe, was es noch nie gab. Im Bodenseeraum wird die Müller – Thurgaulese in den vorgelesenen Anlagen diese Woche abgeschlossen, da diese durch eine zweite Welle starker Regen nun ebenfalls rasch abreifen. Die gemeldeten Mostgewichte liegen zwischen Mitte 70° bis hohe 90° Oe, mit einem sehr starken Mittelfeld in den achtziger Werten. Im Bodenseeraum liegen die Werte etwas tiefer, erreichen aber auch Werte über 80° Oe.
Burgundergruppe:
In den Burgunderanlagen ist verbreitet über alle Sorten ein leichter Essigbefall zu finden, es gibt auch kritischere Einzelfälle. Die frühe Botrytis von sich abdrückenden Beeren aus den Regen vom 21. August ist vollständig in Essig übergegangen, dazu kommen leichte Frassschäden. Lockerheit ist von sehr grossem Vorteil, das Abdrücken von Beeren fehlt fast gänzlich, der Gesundheitszustand durchweg viel stabiler. Je geringer die Pflege und kompakter die Traube, umso mehr nimmt Essigbefall zu. Gepflegte und gut geführte Anlagen haben die 90° Oe erreicht. Die Säurewerte liegen bei über 8ºº bis 12ºº Säure, das Gros bei um die 10ºº. Grauburgunder hat das einheitlichste Reifeniveau bei den tiefsten Säurewerten etwas über 8ºº und steht diese Woche bevorzugt auf dem Leseplan. Die grösste Streuung bei den Reifeunterschieden ist bei Spätburgunder zu finden. Generell ist eine optisch sehr schöne Ausfärbung zu sehen. In Anlagen mit höheren Erträgen wird der Unterschied deutlich bei den Mostfarben. Insgesamt steht die Burgundergruppe noch gut, die Anlagen sind aber zu kontrollieren und entsprechend dem Entwicklungszustand zu lesen.
Sonstige Sorten:
Die weiteren Sorten wie Muskateller oder Gewürztraminer sind im guten gesundheitlichen Zustand. Teilweise ist erster leichter Essigbefall zu finden. Gut sind die Mostgewichte, welche bei Muskateller Anfang 80º Oe erreicht haben. Schön ist die Aromenausprägung. Sauvignon blanc in guten Lagen ist reif bei Ende 80º, Anfang 90º Oe und zeigt beginnende Reifebotrytis mit Essigbegleitung. Riesling ist in früher wie späterer Lage erstaunlich reif. Die Mostgewichte liegen schon bis über 80º Oe, erste Reifebotrytis ist fast vollständig in Essig übergegangen. Die Säurewerte liegen noch bei um 12ºº Säure.
Weinbauliche Hinweise
Bei guten Wetterbedingungen kann nach der Lese im Oktober eine Roggen – Wickeneinsaat durchgeführt werden. Auch andere Einsaaten auf Kleebasis sind möglich. Damit kann eine Bodenbedeckung bis Mitte November sichergestellt werden, um nicht in Konflikt mit den GLÖZ 6 – Vorgaben zu kommen. Ebenso kann nach der Lese bei mechanischer Unterstockpflege mit Scheibe / Rollhacke der Unterstockbereich bearbeitet werden, damit ein angepasst sauberer Streifen über den Winter vorliegt und im Frühjahr gute Startbedingungen herrschen.
Sonstige Hinweise
Seit dem Jahr 2021 müssen in Stichproben beantragte Anlagen bei der Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen kontrolliert werden. Sehr gerne werden Anlagen mit den noch vorhandenen Saisonarbeitskräften gerodet. Für die Kontrolle sollten die Stöcke und Ruten mit Laub noch vorhanden sein, alles andere kann abgeräumt werden.
Im Rahmen der Förderung der MGV im Obst- und Weinbau müssen die Versicherungsprämien wie bisher vollständig bis zum 30. September des Antragsjahres bezahlt sein. Neu ist ab diesem Jahr, dass die Zahlungsbelege/Zahlungsnachweise (z.B. Scan/Foto des Kontoauszuges) für die Versicherungsprämien bis zum 05. Oktober 2025 (Ausschlussfrist), über die Plattform FIONA hochgeladen werden müssen. Wird der Zahlungsnachweis nicht bis zu diesem Termin hochgeladen, führt dies zu einem vollständigen Verlust der Zuwendung.
Eine Erläuterung finden Sie auf den Seiten 10 und 11 der FIONA-Kurzanleitung zur Mehrgefahrenversicherung.
Dies war das letzte Weinbauinfo, ausser es gibt wirklich besondere Umstände. Nach der Lese erfolgt ein Info zu Fragen der Winterarbeit. Allen eine gut verlaufende Lese und eine glückliche Hand für die notwendigen Entscheidungen in diesem Herbst, der anderst kam wie erwartet.